Computergestützter Hochfrequenzhandel extrem anfällig

Der Strukturwandel im Börsenhandel schreitet unaufhaltsam voran, das Ideal des langfristigen Investors bei börsennotierten Unternehmen entspricht immer weniger der Realität. Der Großteil der Aktionäre investiert nur noch Tage oder Wochen, der computergestützte Hochfrequenzhandel dominiert inzwischen auch in Europa, bis zu drei Viertel der Orders gehen auf das Konto von HTF-Software, die mit Millisekunden, teilweise bereits mit Nanosekundenvorsprung operiert.

Von einem fairen Börsenhandel könne man eigentlich gar nicht mehr sprechen, hat Michael Grote von der Frankfurt School of Finance & Management (www.frankfurt-school.de)  im Rahmen eines Vortrags (12.11.2013) auf dem Deutschen Eigenkapitalforum in Frankfurt (www.eigenkapitalforum.com) gesagt.

Unvorhergesehene Computerausfälle mit Folgen

Was angesichts dieser Entwicklung allerdings überraschend klingt, sind unvorhergesehene Computerausfälle wie jene dreistündige Unterbrechung an der NASDAQ vom 22. August 2013, die so gut wie keine Auswirkungen auf das Handelsgeschehen hatte. Grote schlägt daher neue Modelle für den Aktienhandel vor, etwa eine tägliche Auktion zu einem festgelegten Termin am Nachmittag, um für alle Handelsteilnehmer gleiche und faire Voraussetzungen zu schaffen.

Börsenrelevante Informationen sollten am Vormittag bekannt gegeben werden, dann hätten die Handelsteilnehmer ausreichend Zeit, diese zu verarbeiten. Eine andere Möglichkeit wären automatisierte Verzögerungen von Orders im Millisekundenbereich oder zeitliche beziehungsweise mengenmäßige Beschränkungen.

In seiner Keynote erläuterte Grote die Themen von sogenannten Hochfrequenzhändlern auf deren Konferenzen. Da gehe es nicht mehr um Unternehmensnachrichten, Performance oder Produkte, sondern nur noch um Bits & Bytes, die Geschwindigkeit von Börsensoftware, Glasfasernetzen oder lasergestützten Verbindungen über Land und Wasser.

Die Konsequenzen sind nicht nur die Herausbildung alternativer Handelsplätze, sogenannte „Dark Pools“ (siehe auch: www.pressetext.com/news/20130604030 ), sondern auch eine Verlagerung des Geschehens. In den USA etwa finden nur noch 25 Prozent des Handels an der NYSE statt, 2005 waren es noch über 80 Prozent. Dabei zählt fast ausschließlich der „zeitliche Vorsprung“ durch „triviale Informationen“, nicht mehr die tiefgehende Analyse von Finanzexperten.

Verführerisch: Informationsvorsprung im Millisekundenbereich

In seinem Referat berichtete Grote von HTF-Investitionen in Kabel- und lasergestützte Leitungsverbindungen im dreistelligen Millionenbereich, um Informationsvorsprünge im Millisekunden- und Mikrosekunden-Bereich zu erzielen. Mittlerweile beschäftigen sich die Software-Spezialisten der Hochfrequenzhändler bereits mit Vorsprüngen im Nanosekunden-Bereich, gerechnet in Kabellängen zwischen den Börsencomputern und den Handelscomputern – innerhalb der Serverfarmen draußen vor der Stadt.

Die alte physische Börse in der Stadt selbst ist laut Grote nur noch „Folklore“. Das führe soweit, dass konventionelle Börsenorders von den computergestützten Orders „überholt“ würden und Erstere damit teurer machen als nötig. „Es ist absurd, mit welcher Frequenz das Ganze passiert. Da geht es oft um zehntausende Orders pro Sekunde.“

Der moderne Aktienhandel in den USA sieht so aus, dass auf 74 Mio. Transaktionen täglich 2,3 Mrd. Orders kommen, das ist 20 Mal soviel wie noch im Jahr 2000. Das Volumen selbst, das dabei bewegt wird, ist aber nicht wirklich größer geworden. Bei dieser Frequenz kommen Crashes natürlich öfters vor, von 18.500 solcher „extreme events“ bei einzelnen Aktien im Zeitraum zwischen 2006 bis 2011 berichtete Grote.

Hinzu kommen dann noch externe Manipulationsversuche wie die Twitter-Meldung über den gehackten AP-Account und über eine Explosion im Weißen Haus. Solche Meldungen können binnen Sekunden Milliardenwerte vernichten. Daher spricht Grote auch von einer extremen Verletzbarkeit der Börsen aufgrund der Abhängigkeit von computergestützter Interpretation von Nachrichten.

(Quelle: www.pressetext.com)

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