Du tickst wohl nicht ganz richtig!

Ein Plädoyer für Selbstversorgung

Frisch aus dem eigenen Garten: Selbstversorgung kann auch Spaß machen. (Foto: Thomas Grziwa)
Marie vom Wurzelwerk-Blog: “Wir alle sind in einem System aufgewachsen, das auf Abhängigkeit basiert. Ich meine, wir sind ziemlich gut darin, Essen einzukaufen, es selbst anbauen können aber die wenigsten. Wir können Backups, Screenshots und Selfies machen, aber kein Feuer… Ich meine nicht, dass wir so leben sollen wie vor 200 Jahren – im Gegenteil. Aber wir sind dank unserer überspezialisierten Hightech-Gesellschaft so entfremdet, dass wir ohne Supermarkt schlichtweg nicht überlebensfähig wären.”

Hallihallo Knallkopf,

ja, genau du. Dich meine ich!

Denn irgendwie sind wir das doch, oder? Verbringen Stunden im Garten, nur um zuzusehen, wie die Hälfte der Ernte in der Sommerhitze verdörrt, stehen mitten in der Nacht auf, um nach einer verletzten Ziege zu schauen und verbringen unsere Freizeit damit, tonnenweise Äpfel zu schälen und sie zu Mus einzukochen.

Selbstversorgung kann wahnsinnig hart sein. Und gleichzeitig gibt es Apfelmus, Milch und Eier und Gemüse für nen Appel und nen Ei im Discounter zu kaufen.

Wenn es dir wie mir geht, begegnest du wahrscheinlich immer wieder Menschen, die nicht ganz verstehen, warum du so dafür brennst, dein eigenes Essen anzubauen und dich um all die Tiere zu kümmern. Die dich für vollkommen verrückt halten.

Und wenn du dann schon wieder nachts aufstehst, um das Flaschenlamm zu tränken, das von seiner Mutter abgestoßen wurde, oder du deine komplette Kohlernte vernichten musst, weil die Kohlweißlinge es irgendwie geschafft haben, unbemerkt unter das Netz zu kommen, fragst du dich vielleicht manchmal:

Haben sie vielleicht Recht? Ist das alles Unsinn? Ist es das wert?

Du kannst es dir vermutlich denken: Ich bin zu 100 % davon überzeugt, dass es richtig ist, was du tust. Und nicht nur das: Es ist sogar verdammt wichtig.

Wir alle sind in einem System aufgewachsen, das auf Abhängigkeit basiert. Ich meine, wir sind ziemlich gut darin, Essen einzukaufen, es selbst anbauen können aber die wenigsten. Wir können Backups, Screenshots und Selfies machen, aber kein Feuer.

Wir können Zeit vor dem Fernseher totschlagen, aber ein Kaninchen töten für’s Mittagessen? WLAN finden wir an jeder Ecke, aber Essen finden im Wald? Wer kann das heutzutage schon noch?

Und ganz ehrlich? Ich glaube, dass das fatal ist!

Ich meine nicht, dass wir so leben sollen wie vor 200 Jahren – im Gegenteil. Aber wir sind dank unserer überspezialisierten Hightech-Gesellschaft so entfremdet, dass wir ohne Supermarkt schlichtweg nicht überlebensfähig wären.

Das kann doch nicht das Ziel unserer Evolution sein.

Die meisten Stadtkinder können nicht einmal mehr Schafe von Ziegen unterscheiden. Wir hatten schon zehnjährige Kinder zu Besuch, die nicht wussten, wie Salatpflanzen aussehen und dass Kartoffeln unter der Erde wachsen.

Und woher sollen sie das auch wissen, wenn sie nie damit in Berührung kommen? Essen kommt für sie aus der Plastikpackung im Kühlregal.

Wie sollen wir erwarten, dass sich diese Generation auch nur im Geringsten um den Schutz dieses wunderbaren Planeten sorgt, wenn sie absolut keinen Bezug mehr dazu hat?

Unser Sohn weiß mehr darüber, wie man sein Essen selbst anbaut und Tiere zur Selbstversorgung hält als die meisten Erwachsenen, die ich kenne. Er kann mit seinen vier Jahren eine Ziege melken, jede Pflanze im Garten bestimmen und kümmert sich täglich mit großer Leidenschaft um „seine“ Hühner.

Er lernt all diese Fähigkeiten von klein auf. Für ihn ist es selbstverständlich, dass das Essen aus dem Garten kommt und er weiß, wie wichtig es ist, mit der Natur zu arbeiten statt gegen sie.

Vor allem aber bekommt mein Kind richtig gutes Essen, jenseits sogar von Bioqualität. Es tut gut, zu wissen, dass wir nicht von den Machenschaften der Lebensmittel- und Chemiekonzerne abhängig sind, sondern genau wissen, was in dem, was wir essen, „drin ist“.

Und auch aus ethischer Sicht ist es absolut angebracht, Lebensmittel selbst zu erzeugen. Du hast weder Transportwege noch Verpackungsmüll und musst dir auch kein Siegel suchen, das deinen ethischen und ökologischen Werten entspricht.

Der einzige Lebensmittelskandal, um den du dir Sorgen machen musst, ist, wenn deine Ziegen marodierend durch deinen Gemüsegarten ziehen.

Frisch aus dem eigenen Garten: Selbstversorgung kann auch Spaß machen. (Foto: Thomas Grziwa)

Und, vielleicht am wichtigsten: Selbstversorgung macht einfach Spaß. Zuzusehen, wie aus einer Handvoll Samen ein ganzer Garten wächst, ist ein Wunder, dem man sich nur schwer entziehen kann. An der frischen Luft zu arbeiten, sorgt für eine innere Ruhe und Zufriedenheit, die viele von uns gar nicht mehr kennen.

Und dann das ganze leckere Essen! Wenn du richtig gutes, anständiges Essen anbaust, schmeckst du das auch. Allein schon aus kulinarischen Gründen würde ich die ganze Arbeit auf mich nehmen.

Wenn das nächste Mal jemand an deiner geistigen Gesundheit zweifelt, lad ihn also einfach mal zum Essen ein.

Hab noch einen wunderschönen Tag!
Marie vom Wurzelwerk-Blog

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